Während unseres kürzlichen Aufenthaltes in London fügten sich für uns einige magische Momente, zu denen sicher auch der dreifache Hexenkuss gehört. Er war definitiv nicht geplant, sondern entwickelte sich spontan aus den Gegebenheiten heraus und ergab im Endeffekt eine beeindruckende Symbiose.
Als ich im Anschluss auf der Karte recherchierte, wo sich die drei Schauplätze der jeweiligen Hexenküsse befinden, war ich ziemlich überrascht, dass sich daraus ein gleichschenkliges Dreieck konstruiert. Geht man von der ‘Temple Church’ aus, sind es sowohl rund 765 Meter Luftlinie bis zur ‘Freemasons’ Hall’, wie auch zur ‘St. Paul’s Cathedral’, wobei 765 spannenderweise die gleiche Quersumme wie 666 ergibt.
St. Paul’s Cathedral
Der erste Hexenkuss vollzogen wir am Dienstag vor der Sommersonnenwende, als wir die – nach dem grossen Feuer von 1666 neu errichtete – ‘St. Paul’s Cathedral’ besuchten. Als ich exakt in ihrem spirituellen Mittelpunkt stand, also genau unter der Kuppel, wo sich auch das Zentrum der Vereinigung des Haupt- und Querschiffes befindet, überkam mich urplötzlich das Gefühl Lady Babylon an mich ziehen zu müssen, um Ihr einen Kuss zu geben, damit die Knospe der Rose im Kreuz der Kathedrale erblüht. Erfühlte dadurch in dem vom Freimaurer und Architekten Sir Christopher Wren konstruierten Kirchenbau also das Rosenkreuz.
Unter uns das Grab von Arthur Wellesley, dem ersten Duke von Wellington, welcher Napoleon Bonaparte in der Schlacht von Waterloo bezwang, und 111 Meter, respektive exakt 365 Fuss über uns die Laterne des Gebäudes, gab ich der zauberhaften Dame also den ersten von drei Hexenküssen, ohne jedoch auch nur im Ansatz zu ahnen, dass da in den nächsten Tagen noch mehr folgen wird. In jenem Moment erkannte ich in diesem Akt erst eine magische Tat, um diese Kathedrale – als Symbol für die christliche Lustfeindlichkeit – mit den Begierden meines Fleisches zu bereichern und das Zeugnis meiner Hingabe an die ehrenwerte Lady Babylon zu festigen.
Einen Tag nach der Sommersonnenwende, an welcher wir übrigens den Steinkreis von Avebury besuchten, nahmen wir schliesslich an einer Führung durch die ‘Freemason’s Hall’ teil. Wir besuchten also jenes beeindruckende, freimaurerische Gebäude, welches der ‘Vereinigten Grossloge von England’ als Versammlungsort dient.
Die wohl einflussreichste Grossloge, welche von sich beansprucht die erste der Welt zu sein und am 24.06.1717 in einer Bierstube gegründet wurde, stand nur gerade zwei Tage vor ihrem dreihundertjährigen Geburtstag, als wir das beeindruckende Gebäude durchschreiten durften. Zum Abschluss der Führung ging es dann, durch die mächtigen Brozetüren hindurch, ins Heiligtum des Gebäudes, den 1700 Sitzplätze umfassenden, grossen Tempel.
Sofort war mir dann klar, auch hier – im Machtzentrum der Freimaurer – werde ich die Herrin zu einem Hexenkuss auffordern. Wie gedacht, so getan, als die Besichtigung mit den spannenden Erörterungen zu Ende war, stellte ich mich mit der dunklen Göttin in die Mitte des salomonischen Tempels, um mit Ihr unter dem symbolischen Sternenhimmel und auf dem schwarz-weissen Teppich stehend, den zweiten Hexenkuss zu vollziehen.
Temple Church
Schon im grossen Tempel der Freimaurer stehend, war mir eigentlich klar, dass es nun noch einen dritten Hexenkuss benötigt, um aus dem ganzen Spiel einen wahrlich magischen Akt zu machen. Nach dem wir uns also mit dem Rosenkreuz verbunden hatten und anschliessend den Influxus der Freimaurer in uns aufsogen, standen nun – einen Tag später – die Tempelritter auf dem Programm.
Welcher sagenumworbene Ort dafür ausersehen wird, war auch schon klar, denn schliesslich stand die Besichtigung der ‘Temple Church’, der Hauptkirche der Tempelritter in England, eh auf dem Programm. Er sollte also dort stattfinden, wo zum Beispiel im Roman ‘Sakrileg’ nach dem heiligen Gral gesucht wird und wo 1215 die ‘Magna Carta’, die wichtigste Quelle des englischen Verfassungsrechtes, unterzeichnet wurde.
Als wir dort um etwa fünf Minuten vor Vier ankamen, mussten wir mit Schrecken feststellen, dass die Kirche in wenigen Minuten geschlossen wird und uns für eine ausgiebige Besichtigung keine Zeit mehr bleibt. Da jedoch sofort klar war, dass der dritte Hexenkuss im Zentrum der ‘Round Church’, die 1160 nach dem Vorbild der Grabeskirche von Jerusalem entstand, zwischen den neun liegenden Tempelritterstatuen vollzogen werden soll, schritten wir sogleich zur Tat. Noch bevor die letzten Gäste hinauskomplimentiert wurden, vereinigten wir uns durch den letzten Hexenkuss mit dem Influxus der Tempelritter.